19. Sonntag nach Trinitatis 18.10.2020 von Hans-Jörg Voigt

Die Predigt      :
Der Gottesdienst :

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Predigt über Epheser 4,22-32
22 Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. 23 Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn 24 und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. 25 Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. 26 Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen 27 und gebt nicht Raum dem Teufel. 28 Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann. 29 Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören. 30 Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung. 31 Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. 32 Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Einleitung: Psychologie der Mode
1. den neuen Menschen anziehen
2. Gott ist der Karl Lagerfeld für die menschliche Seele
Schluss

Liebe Gemeinde,
am Sonntagmorgen legte unsere Mutter auf zweierlei Wert: zum einen, dass wir ein helles oder gar weißes Hemd anhatten. Zum anderen sollte sich der Sonntag dadurch vom Alltag unterscheiden, dass es Kakao-Milch gab – und beides stand in einem Widerspruch zueinander. Das Gefühl, mit einer nassen Brust loszuziehen, weil ein Kakao-Milch-Fleck großflächig mit Wasser behandelt worden war, kann ich noch nachfühlen.

Wie kleidest du dich? Die Annahme, dass Frauen mehr Wert auf Kleidung legen als Männer wurde in einer Studie der Psychologen Michael Solomon und John Scholper widerlegt. Der Einfluss von Kleidung auf das Selbstbewusstsein der Befragten war bei Männern größer als bei Frauen. Ich kann das bestätigen, wenn ich irgendwo mit meinem Kakao-Fleck auf dem Hemd herumlaufe, beeinflusst das mein Selbstbewusstsein.

Wie kleidest du dich und was gefällt dir? Klar ist ja auch, dass wir mit unserem Kleidungsstil bestimmten Vorbildern folgen. Die Royals in England spielen eine Rolle, genauso wie Sportlerinnen oder auch Sven Plöger vom Wetter und der Mund-Nase-Schutz hat es ja auch schon in die Modewelt geschafft.
Und auch wenn du sagst, dass dich Mode und Kleidung nicht interessieren, triffst du damit eine Aussage.

1. Der Apostel beschäftigt sich mit einer Art spiritueller „Mode“, wenn er sagt: „Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. … und zieht den neuen Menschen an…“ Unser Predigtabschnitt gehört zu einer Taufkatechese. Junge Christenmenschen sollen auf ihr Christenleben nach der Taufe vorbereitet werden. Deshalb war klar, dass der „alte Mensch“ der ungetaufte und sündige Heide war und der neue Mensch ein Christenmensch.
Das ist ein treffender Vergleich, dass wir nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich eine Art „Seelen-Kostüm“ tragen und wahrscheinlich wird unser Seelen-Kostüm ebenso schnell schmutzig wie unsere stoffliche Kleidung.
Der Apostel nennt dann so Verschmutzungsgelegenheiten in einem Christenalltag und ich stelle fest, dass sie mich betreffen: „legt die Lüge ab und redet die Wahrheit…“ So ein bisschen die Wahrheit zurechtbiegen, damit ich eine gute Figur mach, das beschmutzt mein Seelen-Kostüm.
Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Je angespannter mein Alltag ist, desto geringer wird die Kraft, dem Zorn zu widerstehen.
Dem Teufel sollen wir keinen Platz in unserem Leben einräumen.
Ach und dann: „Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören.“ Sinnloses Gelaber oder schlimmer noch: Böse Rede, die andere zerstört, fällt uns an anderen sofort auf. Nur an uns selbst erkennen wir das „faule Geschwätz“ meistens erst, wenn es zu spät ist.

2. Zum Glück kennen wir einen Schneider und einzigartigen Modeschöpfer, der uns immer wieder neu einkleidet: „zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“ Unser himmlischer Vater ist der Karl Lagerfeld der Seele.
Mit unserer äußeren Kleidung schaffen wir uns ja einen Schutz vor unserer Nacktheit, vor Kälte oder sogar vor Hitze. Der biblische Bericht von der ersten menschlichen Sünde endet ja damit, dass die Menschen entdecken, dass sie nackt waren und das Bedürfnis nach Kleidung ist da.
Es ist dann eine jener augenfälligen biblischen Paradoxien, dass Gott den „neuen Menschen“, das neue Gewand „schneidert“, indem er selbst durch die Erfahrung schlimmster Nacktheit geht. In seinem Sohn Jesus Christus hängt er nackt am Kreuz. Zuvor war er gefoltert worden, hatte sich durch den Staub der Straße gequält und hängt nun nackt am Kreuz und sein Schweiß vermischt sich stechend und schneidend mit dem Blut seiner Wunden und dem Staub der Menge.
Diese Paradoxie, diese Widersprüchlichkeit fällt auf: Indem Gott selbst durch Nacktheit und den schlimmsten Schmutz geht, schafft er uns ein geistliches Gewand, vollkommen rein, vollkommen sauber, duftend nach Ewigkeit.
Du bekommst es jetzt im Gottesdienst gerade angezogen durch die Vergebung, die du in der Beichte vorhin empfangen hast.

Schluss: Wie kleidest du dich? Mir selbst hat es immer geholfen, auch nach außen durch ein kleines Accessoire, wie ein Ansteckkreuz zu tragen, an dem man erkennen kann, dass ich Christ bin. Das muss nicht sein, weil es auf den neuen Menschen ankommt aber es erinnert mich, dass „Gott (euch und) mir vergeben hat in Christus.

Amen.