18. Sonntag nach Trinitatis 11.10.2020 von Gottfried Heyn

Die Predigt      :
Der Gottesdienst :

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Predigt über 5. Buch Mose 30,11-14
Das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

Liebe Gemeinde,
seitdem Christoph Kolumbus 1492 Amerika „entdeckt“ hat und seit Menschen ins Weltall fliegen – erstmals der russische Kosmonaut Juri Gagarin am 12. April 1961 – seitdem sind uns der Himmel und das Meer ein Stück nähergekommen. Himmel und Meer sind zwar immer noch weit weg, aber nicht mehr so unerreichbar für uns Menschen wie früher einmal. Mit dem Flugzeug und dem Schiff von Kontinent zu Kontinent zu reisen, ist heute etwas beinahe Selbstverständliches.
Insofern ist die Frage aus unserem Predigttext heutzutage vielleicht gar nicht mehr unser Problem: „Wer will für uns in den Himmel fahren?“ und „Wer will für uns über das Meer fahren?“ Die Fragen tragen die Antwort eigentlich schon in sich: „Niemand!“

Im 5. Buch Mose werden noch einmal die wichtigsten Aussagen Gottes für sein Volk Israel zusammengefasst, sozusagen ein Kompendium, ein Katechismus, ein Glaubenslexikon, in dem alles steht, was die Israeliten wissen müssen. Dazu gehören auch die Gebote Gottes.
Die Geschichte der Gesetzgebung am Sinai mag den Israeliten damals, als das 5. Mosebuch aufgeschrieben wurde, auch schon lange her und weit weg vorgekommen sein – so weit wie der Himmel und das Meer. Für uns heute sind diese Ereignisse am Sinai erst recht weit weg, so fern wie nur irgendetwas – auch wenn uns Himmel und Meer inzwischen nähergerückt sind.

Drei kurze Gedanken will ich ansprechen:
1) Mose hat vermutlich kurz vor seinem Tod das Volk Israel noch einmal eindringlich an seine Geschichte mit Gott, an die Rettung aus Ägypten, an die 40-jährige Wüstenwanderung und an das Ziel ihrer Wanderung: das gelobte Land Kanaan erinnert. Mose hat Israel an seinen Gott erinnert. Und das tat er, indem, er an Gottes Gebote erinnerte.
„Das Gebot, das ich dir heute gebiete“, ist kein neues und kein fremdes und kein fernes. Sondern es ist das bekannte, es sind die bekannten Gebote Gottes. Das Besondere daran ist, dass wir nicht auf diese uralte Geschichte von der Gesetzgebung am Sinai angewiesen sind, als Mose auf den Berg gestiegen ist und die steinernen Gebotstafeln mit heruntergebracht hat. Die meisten unserer Zeitgenossen halten das sowieso nur für eine schöne alte Geschichte.

2) Unser zweiter Gedanke: Als ob Mose damals schon gewusst hat, wie wir heute an diesen alten Geschichten zweifeln, sagt er: die Gebote Gottes sind keine alte Geschichte, sondern sie sind ganz nah bei dir. Und Mose erklärt auch wie: Gottes Gebote – und das ist jetzt keine Überraschung – Gottes Gebote für uns Menschen stehen in seinem heiligen Wort. Das Wort Gottes hat uns Gott geschenkt und zur Verfügung gestellt, indem er es hat aufschreiben lassen und indem es immer neu zu uns kommt in der Predigt und im heiligen Abendmahl.
Das Wort Gottes, in dem er uns seinen heiligen Willen kundtut, ist nichts Fernes für uns – auch wenn es oft so scheint – sondern es ist uns ganz nah, viel näher als wir jetzt vielleicht denken! Es ist nicht nur nah, weil der Pastor es im Gottesdienst vorliest und in der Predigt auslegt, sondern es ist uns noch näher: in unserem Mund und in unserem Herzen!
Klar, die meisten von uns können das Wort Gottes lesen, weil sie eine Bibel haben und lesen gelernt haben. Aber manchmal fällt uns das ja doch ziemlich schwer.
Weil Gott das weiß, hat Gott selbst uns sein Wort ins Herz gelegt bei unserer heiligen Taufe, und er legt es uns immer wieder neu in den Mund, wenn wir seinen Leib und sein Blut empfangen. Näher kann uns Gott eigentlich gar nicht sein: „Es ist das Wort ganz nah bei dir.“ Du musst keine großen und weiten Reisen antreten. Wir haben einen uneinholbaren Vorteil gegenüber allen, die nichts, noch nichts, von Gott wissen, die nicht zu ihm gehören: Wir kennen Gottes Gebot!

3) Und deshalb – und das ist der dritte Predigtgedanke – weil wir Gottes Gebot kennen, deshalb können wir es auch tun: „dass du es tust.“ – So endet unser Predigttext. Es gehört auf unserer Seite eine Aktivität dazu, nämlich dass wir Gottes Gebote halten, dass wir sein Wort tun, dass wir es nicht nur hören, sondern auch danach handeln.
Das ist zeitlos gültig und galt nicht nur dem Volk Israel damals, weil Gottes Wort zeitlos, also ewig gültig ist. Gott will zu allen Zeiten, dass wir sein Wort „tun“.

Liebe Gemeinde, das zuletzt Gesagte könnte jetzt wie die ethisch-moralische Keule wirken, mit der ich euch erschlagen will. Das soll es aber nicht sein. Die Aufforderung, „dass du es tust.“ Ist nur ein kleiner Anhang, der noch etwas nachklappt.
Das wirklich Wichtige und – wie ich finde – Tröstliche und Beruhigende und Befreiende ist die Aussage, dass uns das Wort Gottes ganz nah ist, so nah, wie es irgend geht.
Amen.