Vorletzter Sonntag 13.11.2016, von P. Heyn

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Predigt üb. Röm 8,18-25
Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.

Liebe Gemeinde,
wahrscheinlich kennt ihr alle das wenig erbauliche Sprichwort: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ Im Internet habe ich eine Definition für Sprichwörter gefunden: „Sprichwörter sind kurze Sätze, die auf einer langen Erfahrung beruhen.“
Entweder hat der Apostel Paulus das eben zitierte Sprichwort nicht gekannt. Oder er hatte noch nicht soviel Erfahrung mit dem Thema „Hoffnung“. Oder er will tatsächlich unserer sprichwörtlichen Erfahrungswelt etwas entgegensetzen.
Er spricht davon, dass in unserem Leben spätestens seit unserer heiligen Taufe die Hoffnung eine ganz entscheidende Rolle spielt.
Aber der Reihe nach. Lasst uns an unserem Predigttext entlanggehen und schauen, wo es um die christliche Hoffnung geht.

1) Die zukünftige Herrlichkeit im Unterschied zu den Leiden der Gegenwart.
2) Das Warten der ganzen Schöpfung auf Erlösung.
3) Das Warten der Christen auf Erlösung.

1) Die zukünftige Herrlichkeit im Unterschied zu den Leiden der Gegenwart. „Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll,“ schreibt der Apostel Paulus. Woher nimmt er diese feste Überzeugung?
Vielleicht geht es dir ja gerade so ganz gut und du hast keine besonderen Leiden auszustehen.
Aber manch einem sind Leiden auferlegt, die andere gar nicht erahnen, oder die für andere wahrscheinlich zu schwer wären zu ertragen. Das können körperliche Beschwerden sein oder seelische Belastungen. Letztere sieht man meist nicht so auf den ersten Blick.
Manche Menschen kämpfen täglich um ihr Überleben – äußerlich und innerlich – vor Hunger, vor Armut, vor Einsamkeit, vor menschlicher und seelischer Kälte!
Wie mag das in deren Ohren klingen, wenn der Apostel Paulus diesen Satz sagt: „Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“? Woher nimmt er diese feste Überzeugung?
Er weist uns auf drei Gedanken hin, die ihn in seiner Überzeugung bestärken: Wir haben die Hoffnung des Glaubens, wir kennen unseren Erlöser, weil wir den Heiligen Geist haben und wir haben eine Aufgabe in dieser vergänglichen Welt.
All das bestärkt ihn darin, diesen beinahe empörenden Satz zu sagen: „Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“
Im ersten Moment klingt das vielleicht empörende, aber es kann Menschen helfen, sich aus dem Verfangensein in das eigene Leiden herauszulösen und für Christus und eine bessere Zukunft in Gottes Ewigkeit frei zu werden.

2) Das Warten der ganzen Schöpfung auf Erlösung. Es ist kein Trost, aber es ist wichtig zu wissen, dass nicht nur wir Leiden zu ertragen haben. Manchmal könnte man ja genau diesen Eindruck haben: Den Leuten, die nicht an Gott glauben, geht es gut, sie sind fröhlich und unbeschwert, während es mir schlecht geht, obwohl ich an Gott glaube.
Es ist kein Trost, im Gegenteil – es kann einen verrückt machen, wenn man sieht, wie sehr die gesamte Schöpfung leidet unter der Ausbeutung durch rücksichtslose Menschen.
Der Apostel Paulus sagt uns heute, dass wir eine Aufgabe in dieser vergänglichen Welt haben: Die ganze Schöpfung wartet darauf, „dass die Kinder Gottes offenbar werden.“
Eigenartig, nicht wahr? Verständlich wäre doch, wenn der Apostel sagen würde, die ganze Schöpfung wartet auf Erlösung. Aber er sagt, die ganze Schöpfung wartet darauf, „dass die Kinder Gottes offenbar werden.“ Das ist also unsere Aufgabe in dieser vergänglichen Welt. Wir sollen offenbar, das heißt für jeden und alle erkennbar und sichtbar werden als solche, die zu Gott gehören, nämlich zu dem Gott gehören, der rettet, der erlöst!
Das andere, was wir eigentlich erwartet haben, „die ganze Schöpfung wartet auf Erlösung“, das ist für den Apostel selbstverständlich: Die ganze Schöpfung wird frei werden von der Vergänglichkeit.
Das wirklich Wichtige ist, dass wir in dieser Welt als solche erkennbar werden, die auf Gott hinweisen, die zu Gott gehören.

3) Bleibt noch unser dritter Gedanke: Das Warten der Christen auf Erlösung. Natürlich warten wir auf die Erlösung – Erlösung aus allen leidensvollen und beschwerlichen Zuständen, Erlösung von Sünde, Tod und Teufel, Erlösung aus der Verbannung in diese vergängliche Welt.
Dieses Warten kann einem mit der Zeit auf den Geist gehen. Es kann einen mürbe machen. Es kann einem Angst und Bange machen, wenn wir daran denken, wie lange wir denn noch aushalten sollen und befürchten, dass wir das nicht mehr schaffen.

Eingangs hatten wir gefragt, woher der Apostel Paulus die Zuversicht nimmt, dass die zukünftige Herrlichkeit, also die erwartete Erlösung so viel besser sein wird als die Leiden in der Gegenwart. Seine Antwort ist: Weil wir mit dem Heiligen Geist begabt sind und immer wieder neu ausgestattet werden. Der weist uns auf Gott hin. Der gibt uns die Kraft beim Warten auf die Erlösung durchzuhalten. Und der nährt in uns die Hoffnung, dass wir am Ende zu Gott kommen werden, auch wenn wir ihn jetzt noch nicht sehen.

Liebe Gemeinde, die Hoffnung stirbt zuletzt, ist ein deutsches oder russisches Sprichwort, ein kurzer Satz, der auf einer langen Erfahrung beruht.
Für unseren Glauben und unser Warten auf die Erlösung durch Jesus Christus hat dieses Sprichwort keine Gültigkeit. Denn mit der Hoffnung auf Erlösung haben wir keine Erfahrung. Wir können also nicht aus Erfahrung sagen, dass Gott unsere Hoffnung enttäuscht.
Ganz im Gegenteil: Jeder, der das in seinem Leben schon einmal erlebt hat, dass Gott ihm geholfen hat, dass er sich auf Gott verlassen hat und verlassen konnte, der weiß, dass die Hoffnung auf unseren Gott nicht stirbt, oder wie es hier im Römerbrief und an anderen Stellen in der heiligen Schrift heißt: die Hoffnung auf Gott lässt nicht zuschanden werden.
Bitten wir Gott immer wieder um die nötige Geduld, auf seine Erlösung zu warten und zu hoffen! Denn diese Hoffnung wird nicht enttäuscht werden.

Amen.