Pfingstsonntag 24.5.2015, von P. Heyn
Predigt üb. Joh 14,23-27
Jesus sprach zu seinen Jüngern: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
Liebe Gemeinde,
habt ihr ja schon einmal etwas vom sog. Toronto-Segen gehört oder vom Jerusalem-Syndrom? Das eine bezeichnet eine charismatische Erweckung, die in der Stadt Toronto in Kanada aufgetreten sein soll, mit zahlreichen eigenartigen begleitenden Phänomenen wie Zungenreden, ekstatischen und euphorischen Zuständen, körperlichen Reaktionen der Betroffenen usw. Das andere gilt als Reisekrankheit oder psychotische Störung und medizinisch nicht anerkannte Diagnose. Bei beiden Erscheinungen denken Menschen, die davon nicht betroffen oder erfasst sind, in der Regel: „Na, die sind doch verrückt! Die haben wohl nicht mehr alle Latten am Zaun!“ So ähnlich muss das damals am ersten Pfingstfest in Jerusalem gewesen sein. Die Zuschauer dachten, die Apostel seien morgens um neun schon so betrunken, dass sie nur noch lallen können und irgendwelches unverständliche Zeug reden. In der Apostelgeschichte wird uns von der Predigt des Apostels Petrus berichtet, der die entsetzten Zuschauer darüber aufklärt, dass über die Apostel der Heilige Geist ausgegossen wurde und dieser die Ursache der seltsamen Phänomene ist. Offenbar ist da also von Anfang an bei den Unbeteiligten so eine Art Unbehagen oder der Eindruck, „die sind nicht ganz dicht“. Gleichzeitig hat der Wunsch die Christen durch alle Jahrhunderte niemals losgelassen, so etwas, so eine unmittelbare Geistbegabung wie damals bei den Aposteln auch einmal zu erleben. Das hat immer wieder zu teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen geführt, wenn Menschen für sich eine besondere Geistbegabung in Anspruch nahmen oder deswegen verfolgt wurden. Auch unter uns taucht ja ab und zu der Wunsch oder die Idee auf, so eine unmittelbare Geistbegabung wie die Apostel damals erleben zu wollen. In unserem kleinen Predigtabschnitt heute sagt Christus uns, dass wir mit dem Heiligen Geist begabt sind. Er macht das an drei Stichworten deutlich: lieben, lehren, trösten.
1.) Der Heilige Geist schenkt uns die Liebe Gottes.
2.) Der Heilige Geist lehrt uns das Wort Gottes.
3.) Der Heilige Geist tröstet uns mit dem Frieden Gottes.
1.) Der Heilige Geist schenkt uns die Liebe Gottes. Jesus macht hier ganz bedeutsame Äußerungen über das innergöttliche Verhältnis von Vater und Sohn zueinander und was der Heilige Geist dabei für eine Rolle spielt und wie sich der dreieinige Gott zu uns Menschen verhält. Diese Beziehung untereinander und zwischen Gott und uns ist von Liebe geprägt. Das Wort Jesu zu halten, soll kein Gesetz, kein Zwang sein, sondern aus Liebe geschehen. Weil wir Jesus unseren Herrn liebhaben, deshalb halten wir uns an sein Wort, hören auf ihn, richten uns nach dem, was er gesagt hat. Scheinbar besteht ein Zusammenhang zwischen der Liebe zu den Jesus, dem Hören auf seine Worte und der Liebe des Vaters zu uns. Es steht hier nebeneinander. Und es wird auch nicht als Bedingung formuliert: Nur wenn du Jesus liebhast, dann hat dich auch Gott, der Vater, lieb. Das wäre ja fatal. Dann würde alles von uns abhängen. Aber so ist es Gott sei Dank nicht. Das wissen wir aus anderen Zusammenhängen in der heiligen Schrift. Die Liebe von uns Menschen zu Jesus und seinen Worten und die Liebe des Vaters zu uns stehen hier einfach nebeneinander. Das Spannende ist, dass Jesus auf einmal in der Wir-Form redet: „… wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Wir – das kann nur der dreieinige Gott sein, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und das „Wohnungnehmen“, also das Einziehen in unsere Herzen geschieht auf geheimnisvolle vielfältige Weise: bei der Taufe, im heiligen Abendmahl, wenn wir Gottes Wort hören, wenn Gott mit uns redet im Gebet, wenn er uns Botschaften sendet durch seine heiligen Engel und wer weiß, wodurch noch! Gott hat vielmehr Möglichkeiten bei uns Wohnung zu nehmen, als wir uns vorstellen können. Er tut das, durch seinen Heiligen Geist – für uns vielleicht manchmal unsichtbar oder durch eigenartige Phänomene, von denen die anderen denken, dass mit uns etwas nicht stimmt. So ähnlich, wie wenn man verliebt ist. Da tut man ja auch manchmal verrückte Sachen. Gottes Geist schenkt uns die Liebe Gottes. Und Liebe ist keine Einbahnstraße!
2.) Der Heilige Geist lehrt uns das Wort Gottes. Damit wir verstehen, wie das mit der Liebe Gottes zu uns und unserer Liebe zu Gott funktioniert, erklärt es Gott uns durch seinen Geist. Wir haben manchmal Sorge, ob wir denn Gott überhaupt richtig verstehen, ob er uns richtig versteht, ob wir überhaupt über unseren Glauben, über diese einzigartige Beziehung etwas sagen können. Heute darfst du dir sagen lassen: Du brauchst dir deswegen überhaupt keine Sorgen zu machen! Der Heilige Geist wird dir im richtigen Moment alles sagen, eingeben, die richtigen Worte in den Mund legen – wenn du mit Gott redest und wenn du mit Menschen redest. Wir denken so oft, dass es immer nur an uns liegt, ob wir gute Christen sind, und dass wir alles wissen müssen. Und wehe, wenn nicht! Immer schleicht diese diffuse Angst im Hintergrund rum und versucht uns zu erschrecken! Warum eigentlich? Der Heilige Geist lehrt uns alles, was wir wissen müssen. Und er ist ein guter Lehrer!
3.) Apropos erschrecken! Das ist noch schnell unser dritter Gedanke: Der Heilige Geist tröstet uns mit dem Frieden Gottes. Wie eben schon gesagt, wir brauchen nicht zu erschrecken. Wir können uns in aller Ruhe darauf verlassen, dass der Heilige Geist uns die richtigen Worte und Gedanken schenkt, wenn es nötig ist, wenn wir seine Hilfe brauchen. Das heißt nicht, dass uns alles egal sein soll. Aber wir brauchen uns von nichts und niemand erschrecken zu lassen! Denn wir haben den stärksten Beistand, den es überhaupt gibt, auf unserer Seite! Und falls wir doch mal erschrecken vor Leuten, die uns mit ihrer Macht und Gewalt bedrohen, dann gilt das, was Jesus hier zu seinen Jüngern gesagt hat: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ Das ist doch wunderbar! Damit sollen wir uns trösten lassen, auch wenn die Lage in dieser Welt und in unserem Leben völlig trostlos aussieht und wahrscheinlich sogar ist. Der Friede Gottes wird dich umgeben. Sein Trost ist dir nahe. Der Heilige Geist erfüllt dich in wunderbarer Weise. Liebe Gemeinde, die Phänomene des Toronto-Segens oder des Jerusalem-Syndroms erfassen manche Menschen – die einen zu religiösen Schwärmereien, die anderen zu nicht sicher diagnostizierten Reisekrankheiten. Der Heilige Geist, der über uns ausgegossen ist, mit dem du bei deiner heiligen Taufe begabt worden bist, ist keins von beiden. Er ist der in dir wirksame und lebendige Gott. Er ist die reale Kraft, die dich am Leben und im Glauben erhält. Amen.